Yoga

 

Das Sanskrit-Wort "Yoga" ist mit dem deutschen Wort "Joch" verwandt. Es geht im Yoga um Selbsttranszendenz, um das Anjochen, das Anbinden an den Ursprung, an die Quelle allen Lebens, um die Vereinigung des individuellen, endlichen Ichs (jiva-atman) mit dem höchsten, unendlichen Selbst (parama-atman).

In der Katha-Upanischad wird das Wort "Yoga" erstmals erwähnt (ca. 3.Jh.v.Chr.), wo der Yoga dem jungen Naciketas von Yama, dem Gott des Todes als ein Mittel gepriesen wird, um Freude und Schmerz zurückzulassen und sogar den Tod zu besiegen.

Die Svetasvatara-Upanischad (auch ca.3.Jh.v.Chr.) beschreibt eine Übung, in der der Körper aufrecht gehalten und der Geist durch Atemachtsamkeit beherrscht wird und zur Ruhe kommt.

Die viel spätere Maitri-Upanischad beschreibt eine Yoga-Methode mit 6 Gliedern: 1. Atemzügelung (pranayama), 2. Zurückziehen der Sinne (pratyahara), 3. Meditation (dhyana), 4. Konzentration (dharana), 5. philosophisches Fragen (tarka), 6. höchste Sammlung (samadhi).

Aus dem Yoga der Upanischaden entwickelten sich zahlreiche Praktiken und Methoden, die darauf abzielten die condition humain zu überschreiten. Das Erbe des Yoga wurde meist mündlich von den Lehrern zu den Schülern weitergereicht, wobei sich verschiedene Richtungen herausbildeten, Wege zur Befeiung, Wege des Transzendierens des Egos (ahamkara - wörtlich: der Ich-Macher) zum Selbst (atman oder purusha) hin.

Die Bhagavadgita zeigt drei Yoga-Pfade auf: Der erste ist Karma-Yoga, in dem die Früchte des individuellen Tuns der göttlichen Quelle - personifiziert in Krischna - geweiht werden, im zweiten - dem Bhakti-Yoga - ist es die liebevolle Hingabe an Krischna, die einen von weltlichen Leiden befreit, der dritte Pfad ist der Weg über die Erkenntnis, der durch die Unterscheidung der wahren Natur des Selbst und des Universums zur Befreiung führt.

Im Yogasutra von Patanjali (ca. 3. Jh.n.Chr.) wird Yoga definiert als "yogas citta vrtti nirodhah" (Yoga ist das Zur-Ruhe-Kommen der Bewegungen des Bewußtseins). Das Yogasutra bildet die Grundlage für den sogenannten "Klassischen Yoga". Patanjali unterscheidet 8 Stufen oder Glieder der Yoga-Praxis: (1) Yama, das gemeinschaftliche Zusammenleben betreffende ethische Prinzipien: Ahimsa, Gewaltlosigkeit; Satya, Wahrhaftigkeit; Asteya, Nicht-Stehlen; Brahmacharya, Mäßigkeit in Sinnesfreuden; Aparigraha, Freisein von Gier; (2) Niyama, persönliche Prinzipien: Saucha, Reinheit; Santosha, Zufriedenheit; Tapas, Bemühen oder Disziplin; Svadhyaya, Selbststudium und Innenschau; Ishvara-pranidhana, Hingabe an ein höchstes Wesen. (3) Asana, Haltung oder Leibesübung; (4) Pranayama, Atemübung; (5) Pratyahara, Zurückziehen der Sinne; (6) Dharana, Konzentration; (7) Dhyana, Meditation, Kontemplation; (8) Samadhi, höchste Sammlung, Vereinigung mit dem Absoluten.

Hatha-Yoga: Hatha bedeutet "kraftvoll", wird aber auch als Vereinigung der inneren Sonne (ha) und des inneren Mondes (tha) ausgelegt. Hatha-Yoga zielt auf Selbstverwirklichung durch Kultivierung und Verfeinerung des Leibes, vor allem durch Praktizieren von Asanas (Leibesübungen) und Pranayamas (Atemübungen) sowie durch Meditation und Zentrierung. halasana


Wie Mark Singleton in seinem 2010 veröffentlichten Werk: "Yoga Body, The Origins of Modern Posture Practice" nachweisen konnte, ist der moderne übernationale Yoga eine Synthese zwischen westlichen Formen der Körperkultur bzw. Gymnastik einerseits und traditionellen indischen Hatha-Yoga-Asanas und Pranayamas andererseits.

Als Vater dieses modernen Yoga wird vielfach Tirumalai Krishnamacharya (1888-1989) angesehen. Zu seinen bekanntesten Schülern zählen sein leiblicher Sohn Desikachar, A. G. Mohan, Pattabhi Jois, Srivatsra Ramaswami, Indra Devi und sein Schwager BKS Iyengar.

BKS Iyengar, der 1918 in Bellur in Südindien geboren wurde und 2014 in Pune starb, hatte von allen wohl die größte Breitenwirkung. Iyengars in zahlreiche Sprachen übersetzte Hauptwerke "Licht auf Yoga" und "Licht auf Pranayama" sowie "Der Baum des Yoga" und "Yoga - der Weg zu Gesundheit und Harmonie" zählen zweifelsohne zu den Grundpfeilern der modernen Yogaliteratur. Viele Jahrzehnte intensivster Yogapraxis und Lehrerfahrung führten dazu, dass Iyengar heute als eine der herausragendsten Gestalten des modernen Yoga anerkannt ist. Trotzdem blieb Iyengar auf dem Boden und sagte: "Ich bin nur ein Kind im Yoga!"

Und weiter: "Mein Ende soll euer Anfang sein!"

 

 

 

 


 

 

 

Literatur

Susanne Schmida: Es sind die Götter (1951)
Susanne Schmida: Perspektiven des Seins (4 Bände: 1968-1976)
BKS Iyengar: Mein Yoga (2009)
BKS Iyengar: Yoga - Licht fürs Leben (2007)
BKS Iyengar: Yoga - Der Weg zu Gesundheit und Harmonie (2001)
BKS Iyengar: Der Urquell des Yoga (1995)
BKS Iyengar: Der Baum des Yoga (1991)
BKS Iyengar: Licht auf Pranayama (1984)
BKS Iyengar: Licht auf Yoga (1969)
Geeta S. Iyengar: Yoga für die Frau (1993)
Dona Holleman: Centering Down (1981)
Maxine Tobias, Mary Stewart: The Yoga Book (1986)
Elliot Goldberg: The Path of Modern Yoga - The History of an Embodied Spiritual Practice (2016)
Richard Freeman: The Mirror of Yoga - Awakening the Intelligence of Body and Mind (2010)
Mark Singleton: Yoga Body: The Origins of Modern Posture Practice (2010)
Loren M. Fishman, Ellen Saltonstall: Yoga for Arthritis (2008)
Luise Wörle, Eric Pfeiff: Yoga As Therapeutic Exercise (2010)
Georg Feuerstein: Die Yoga Tradition (2008)
Karl Baier: Yoga auf dem Weg nach Westen (1998)
Karl Baier: Meditation und Moderne (2009)
Suza Francina: Yoga kennt kein Alter (1998)
Desikachar: The Heart of Yoga (1995)
Janet Balaskas: Yoga für werdende Mütter (1995)
A. G. Mohan: Yoga for Body, Breath and Mind (1993)
Vanda Scaravelli: Awakening the Spine (1991)
Silva, Mira, Shyam Mehta: Yoga-Gymnastik (1991)
Erich Schiffmann: Yoga - The Spirit and Practice of Moving into Stillness (1996)
Jean Couch: The Runner's Yoga Book (1990)
Donald Moyer: Yoga: Awakening the Inner Body(2006)
Mabel E. Todd: The Thinking Body (1936)